Dokumente der Vergangenheit: Echt ätzend - Chemie im Haushalt Schon von unseren Müttern hörten wir, dass es in der Wohnung sauber zu sein hat. Ein ordentlicher Mensch schrubbt und wischt und putzt und...Die Zeiten, in denen Frauen noch auf den Knien den Fußboden mühsam scheuerten, sind endgültig vorbei. heute haben wir für jeden Schmutzt ein eigenes Mittelchen, welches einfach und schnell in der Handhabung ohne größeren Zeitaufwand und ohne große Anstrengung jedes Schmutzproblem rasch beseitigt. In Sekunden ist alles wieder in Ordnung, ohne lange Mühen und Qualen. Die Familie ist zufrieden; das Lob der Hausfrau gewiß. Aber damit nicht genug. In der Werbung heißt die Losung: Noch reiner, noch sauberer und blanker, aprillfrischer und duftiger. Reinlichkeit allein ist längst ein alter Hut. restlos keimfrei, lautet die Devise. Dies ist aber gar nicht möglich, weil wir ohnehin überall mit Mikroorganismen in Berührung kommen. Die
Chemie dringt immer undurchschaubarer in unser Leben ein. In den letzten Jahren
hat sich der Verbrauch von Reinigungs- und Pflegemitteln für den Haushalt
drastisch erhöht. Reinigungsmittel nehmen ein Viertel des chemischen Marktes
ein, das sind sechs Kilo putz- und Reinigungsmittel pro Kopf und Jahr in der BRD
und Westberlin. dabei drängen immer neue Mittel auf den Markt; immer neuer
Dreck wird entdeckt, der angeblich einer speziellen Reinigung bedarf.
Badezimmer- und Küchenschmutz, Schimmel, Backofen- und Kachelschmutz, Staub auf
Holz, Kunststoff oder Papier, an den Wänden und auf dem Fußboden sowie auf
empfindlichen Flächen. Kurzum Schmutz in allen Größen, Formen und Farben -
Dreck aller Orten, und wer darin nicht umkommen will, braucht... Das
eigentliche Problem im Umgang mit Haushaltschemikalien ist jedoch ihre
Auswirkungen auf unsere Gesundheit und auf die Umwelt. Nur selten wissen wir
überhaupt, was in den einzelnen Chemikalien enthalten ist. Eine Kennzeichnung
ist bisher immer noch nicht obligatorisch. Inzwischen ist die Gefährlichkeit
einiger, bisher angeblich harmloser Mittel durch eher zufällig erfolgte
Untersuchungen der Öffentlichkeit bekannt geworden. Wir wissen um die
lebensbedrohliche Wirkung von Formaldehyd, Cadmium, Dioxin, DDT und Lindan, doch
wir wissen nicht, in welchen Mitteln diese gefährlichen Stoffe noch immer
enthalten sind. Viele der bei uns verbotenen Chemikalien werden von der BRD in
andere Länder exportiert, in denen die Bestimmungen nicht gelten, und kommen
von dort durch das Endprodukt auf den deutschen Markt zurück. Ein Teufelskreis
ohne Ende? Schätzungen besagen, dass es ungefähr 50 000-60 000 Chemikalien auf
dem Markt gibt; unbekannt ist, wieviele davon in den Haushaltsprodukten
enthalten sind. nahezu unerforscht ist das Zusammenwirken der einzelnen Stoffe. Kein Grund zur Panikmache, lassen die Politiker verlauten; nicht alle Stoffe seine lebensbedrohlich. Die Tatsache, dass die Allergien, hauptsächlich auch gegen Reinigungsmittel, immer mehr zunehmen, scheint demnach nicht besonders aufregend zu sein. Offensichtlich ist es nur eine kleine Mißlichkeit, wenn der Kontakt mit den angeblich so harmlosen Mitteln chronische Hautkrankheiten hervorruft, abgesehen von der besonderen Gefährdung der Kinder. Aber
nicht nur unsere eigene Gesundheit ist in Gefahr, unabsehbar sind auch die
Folgen für die Umwelt. Wie sehr belasten wir durch die übertriebene
Benutzung von Haushaltsreinigern Abwässer, Hausmüll, Luft und Boden? Die
Kombinationsmöglichkeiten, wie sich bestimmte Stoffe auf dem Müllwege
vermischen, sind nahezu unbegrenzt. Wir stehen diesen Problemen einigermaßen
hilflos gegenüber, zumal wir leider eingestehen müssen, dass es umweltverträgliche
Haushaltsreinigungsmittel an sich gar nicht gibt. Wir können, wenn wir
bewußter leben wollen, nur auf Produkte ausweichen, die weniger schädlich sind. Die
Mittel, auf die wir nicht verzichten wollen, sollten wir zumindest sorgsam
dosieren. Die Verwendungsanleitungen sind auf den verschwenderischen Verbrauch
ausgerichtet! Die Industrie will leben - allerdings auf Kosten aller. Oftmals
reicht die Hälfte der vorgeschriebenen Menge völlig aus, viel ist eben nicht
gleich besser. So sollte als Allzweckreiniger nur ein Mittel ohne Chlorierte
Kohlenwasserstoffe in Frage kommen (wie ein Syndetreiniger, z.B. dor), wenn man
nicht auf Schmierseife umsteigen will. das unentbehrliche Scheuerpulver sollte
wenigstens kein Chlor enthalten (Alternative: Lavasit Scheuerpulver, Sonett
Putzmittel). Sparsamkeit ist auch bei Maschinenspülmitteln angesagt. Diese
Produkte enthalten an sich schon aggressivere Chemikalien, weil das mechanische
Reinigen ersetzt werden muß. Auf jeden Fall kann der Klarspüler
wegfallen. Wer noch mehr über die Gefährlichkeit von Haushaltschemikalien und über Alternativen dazu erfahren möchte, sollte das Buch aufschlagen, aus dem wir die Fakten für diesen Artikel entnommen haben. Es heißt: "Chemie im Haushalt", herausgegeben vom Öko-Institut Freiburg, Katalyse Umweltgruppe, Verein für Umwelt- und Arbeitsschutz, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., erschienen bei Rowohlt in Hamburg 1984 (Preis DM 16,80). Autorin: Claudia
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